Hochwasser: Knapp 70 Personen evakuiert. 24.08./22.00
pid. Im Verlaufe des heutigen Tages wurden mit zwei eingesetzten Rega-Helikoptern 69 weitere Personen sowie diverse Haustiere aus dem Mattenquartier evakuiert. Damit steigt die Zahl der geretteten Personen auf über 300 an. Von der seitens des Regierungsstatthalters erteilten Zwangsevakuation musste kein Gebrauch gemacht werden, da sämtliche Personen freiwillig ihre Unterkünfte verliessen.
Der Pegelstand der Aare ist wiederum um einige Zentimeter zurückgegangen und aktuell führt der Fluss 525 m3/sec Wasser. Die Lage bleibt aber nach wie vor angespannt. Bis heute wurden etwa 20'000 Sandsäcke abgefüllt. Um das Schwemmholz aus der Aare zu bergen werden seit heute Abend Raupenbagger eingesetzt.
Obwohl gemäss Auskunft zuständiger Fachleute die Gefahr einer Seuche als sehr gering eingeschätzt wird, sollte man sich nach Berührung mit dem Aarewasser aufgrund gesteigertem Mikrobengehalt des Wassers ausgiebig mit Seife waschen. Das Trinkwasser kann jedoch auf dem gesamten Gebiet der Stadt Bern bedenkenlos konsumiert werden. Zur Sicherung der Trinkwasserqualität wurde zusätzlich der Chlorgehalt leicht erhöht.
Eine kurzfristige, flächendeckende Versorgung mit Strom und Gas kann momentan nicht sichergestellt werden. Jede einzelne Liegenschaft wird durch die EWB überprüft und, dort wo es möglich ist, die Versorgung provisorisch wieder in Stand gestellt. Weiter richtet die EWB ihren Aufruf an die Hauseigentümer, die Mieter und an die Installationsfirmen: Stromsicherungen dürfen in den Hausanschlusskästen nur nach Rücksprache mit den Verantwortlichen der EWB eingesetzt werden. Dabei gilt es, die vom EWB beim jeweiligen Objekt angebrachten orangen Meldekarten zu beachten.
Polizeikommando der Stadt Bern
Hochwasser: Zwangsevakuationen in der Matte verfügt 24.08. - 15.28
pid. Seit der Nacht von Sonntag auf Montag führt die Aare im Bereich der Stadt Bern Hochwasser. Namentlich das Mattequartier, zwischen Aarstrasse und Mattenenge, ist grösstenteils überflutet. Von der Aarstrasse durch die Schifflaube über den Mühleplatz und durch die Gerberngasse bzw. Wasserwerkgasse fliesst ein zum Teil reissender Fluss. Das Quartier ist stromlos, die Abwasserentsorgung nicht sichergestellt, die Gasversorgung grösstenteils eingestellt. Die Wasserversorgung ist noch intakt, bei einem Unterbruch könnte jedoch eine Versorgung nicht mehr aufgebaut werden.
Bis Dienstag Abend wurden auf freiwilliger Basis insgesamt 236 Personen evakuiert. Nachdem aber der grösste Teil der Liegenschaften in der Matte auf dem Landweg und viele infolge des Geschiebes, im Wasser umhertreibender Fahrzeuge sowie wegen der starken Strömung auch per Rettungsboot nicht mehr erreicht werden konnten, musste die Erreichbarkeit mittels Helikopter sichergestellt werden, was vor allem nachts unmöglich ist.
Wegen der reissenden Strömung ist nach Ansicht von Bauingenieuren der Einsturz einzelner Gebäude nicht mehr auszuschliessen. Damit hat sich für die in ihren Wohnungen verbleibenden Bewohnerinnen und Bewohner eine neue Situation ergeben. Ein weiterer Verbleib ist nicht mehr möglich, weil Hilfeleistungen nicht mehr zugesichert werden können. Aus diesen Gründen erteilte der Regierungsstatthalter den Rettungskräften den Auftrag, die Matte zu evakuieren.
Der bereits gestern eingesetzte Rega Helikopter hat heute Vormittag die Evakuationsflüge wieder aufgenommen. In der Zwischenzeit sind weitere 26 Personen evakuiert worden. Es musste kein Zwang angewendet werden. Die folgenden Objekte sind vollständig evakuiert: Wasserwerkgasse 2, 4, 17 – 19, 21, 29, 31, 33, 35, 37, 38, 39; die Gerberngasse 1, 5, 9, 13 und 13A.
Polizeikommando der Stadt Bern
Hochwasser: Wasser leicht rückläufig - 24.08.05 - 05.00
pid. Die Hochwassersituation in der Gemeinde Bern hat sich in der vergangenen Nacht kaum verändert. Der Pegelstand der Aare ist um wenige Zentimeter zurückgegangen, die Aare führt im Moment 579 m3/sec Wasser. Die Schadenslage in den einzelnen Schadensgebieten Dählhölzli/Dalmaziquai, Marzili, Matte/Langmauerweg, Altenberg und Felsenau ist unverändert, es sind keine neuen Schäden bekannt geworden.
Nach Tagesanbruch werden die Arbeiten zur Verhinderung weiterer Schäden wieder aufgenommen. Auch sind Massnahmen im Bereich der Stromversorgung vorgesehen, sind doch immer noch das Mattequartier, die Felsenau und einzelne Liegenschaften in den übrigen Gebieten ohne Strom. In der Matte wird ein Helikopter der Rega bereits am Vormittag wiederum zu Evakuationsflügen eingesetzt werden.
Polizeikommando der Stadt Bern
Bericht Sven Gubler 24.08./15.05
Zwangsevakuation ist im Gange - es gibt kein zurück mehr im Moment - und nach ersten Einschätzungen wird auf keinen Fall vor Sonntag mit einer Rückkehr zu rechnen sein.
Fliegen mit zwei Helikopter die Leute aus - hat 300 Millionentausend Schaulustige auf der Nydeggbrücke - Nicht unbedingt das was man sich in der betroffenen Matte wünscht - aber wir würden wohl auch auf der Nydeggbrücke stehen wenn wir könnten ... (Zitat Sven und Rosmarie)
Man überlegt sich den Tych zu sprengen, damit das Wasser wieder in seine Bahnen zurück gelenkt werden kann - dies sind aber zur Zeit eher Vermutungen und noch nicht bestätigt.
Piket Telefon Matteleist 079 596 01 91 - diese Nummer ist rund um die Uhr besetzt.
Durchfluss hat sich etwas stabilisiert. Die Situation aber hat sich keineswegs beruhigt.
Der Badewannentraum
Ich träumte, dass die Badewanne überlief. Das Wasser suchte sich seinen Weg rauschend durch das Badezimmer, den Korridor, ins Wohnzimmer, plätscherte in den Keller. Unterwegs weichte es den schönen Teppich auf, ruinierte die Bücher, den Fernseher, die Stereoanlage, in der Küche gab es einen Kurzschluss unter dem Kühlschrank. Im Traum nahm ich in der finsteren Wohnung Wasser auf, fegte, wischte, aber ich kam nicht den kleinsten Schritt voran. Ich suchte nach einer Kerze und fand sie in der untersten Schublade. Aber wo sind die Streichhölzer? Bevor ich nach den Streichhölzer greifen konnte sah ich sie: eine grosse, kräftige Hand, die den Wasserhahn bei der Badewanne zudrehte. Das Rauschen verstummte, meine Putzarbeiten kamen voran und auch wenn Schaden zu beklagen war, meine Arbeit blieb nicht mehr sinnlos.
Natürlich ist das nur ein Traum, die Wirklichkeit in der Berner Matte lässt sich nicht mit einem Badezimmer vergleichen. Aber solange die Aare ungebremst durch das Quartier zieht, verpuffen wohl alle schönen Magistratenworte, bleiben alle Grosseinsätze nutzlos, waren sechs Jahre Hände über dem Bauch falten und mögliche Lösungen erörtern wertlos.
Es braucht einen Entscheid, die widerspenstige Aare in ihre vorgesehenes Flussbett zurückzuweisen. Das wird nicht einfach sein, dazu braucht es mutige Leute, vielleicht sogar Politiker. Wenn ich mich recht entsinne gibt es solche Leute und wir bezahlen sie fürstlich, nicht zum Blenden, sondern zum Führen. Nicht zum Führen im Sonnenschein, sondern zum Führen in Krisensituationen. In den Medien zu stehen ist das eine und in der Matte zu leben - das andere!
Also, dreht den Wasserhahn zu, verbannt die Aare aus dem Quartier, das über tausend Menschen Zuhause ist. Mut ist gefragt! Bern ist die Hauptstadt, Bern ist Unesco Welterbe und die Welt schaut hierhin!
Im Altenberg
Information des Matte-Leists an die Bevölkerung
Stand: 24. August 2005 (nachmittags)
Infotelefon:
Matte-Leist: 079 / 596 01 91
Stadtpolizei: 031 / 321 22 22
Infostand:
Mitglieder des Vorstandes des Matte-Leists stehen Ihnen beim Infopoint der Polizei beim Läuferplatz zur Verfügung. Hier können Sie direkt Ihre Anliegen vorbringen. Den Infopoint erreichen Sie am besten über den Nydeggstalden.
Post:
Bis auf weiteres wird sämtliche Post auf der Schanzenpost zurückbehalten. Postsendungen können dort abgeholt werden. Um Wartezeiten auf der Schanzenpost zu verhindern, vereinbaren Sie einen Termin unter 031 / 386 64 88 oder veranlassen Sie eine vorübergehende Umadressierung „Postlagernd Schanzenpost“ mit dem betreffenden Formular, erhältlich bei jeder Poststelle.
Für Paketsendungen melden Sie sich bitte bei Herrn Rüfli 079 / 214 82 32.
Sachversicherungen:
Wir raten Ihnen, sich so rasch wie möglich mit der nächsten Geschäftsstelle Ihrer Hausratsversicherung (für Fahrhabe wie Hausrat und Geschäftsinventar) und jener für die Kaskoversicherung (für Fahrzeuge) Kontakt aufzunehmen. Die Hausratsversicherungen bezahlen in der Regel die zusätzlichen Lebenshaltungskosten, die durch den Schadenfall entstehen (Unterkunft, Verpflegung auswärts während der Zeit, in der Sie nicht in Ihrer Wohnung leben können, etc.).
Wir raten Ihnen zudem, alle Quittungen von „Notkäufen“ und „Umtrieben“ aufzubewahren und für die Versicherungsabrechnung bereit zu halten.
Gebäudeversicherung:
Hauseigentümer melden Schäden am Gebäude bei der Gebäudeversicherung an. Deren Kundencenter ist über die Nummer 0800 666 999 erreichbar.
Miete:
Setzen Sie sich umgehend mit Ihrem Vermieter in Verbindung und regeln Sie die Bezahlung des Mietzinses einvernehmlich mit ihm. Für die Zeit, in der Ihre Mietlokalitäten unbenutzbar sind, haben Sie Anspruch auf eine entsprechende Herabsetzung des Mietzinses.
Arzt:
Die Praxis von Dr. Arnold Durrer, ist geschlossen. Er kann jedoch unter
079 / 412 25 86 erreicht werden. Beim Infostand steht Ihnen zudem die Sanitätspolizei zur Verfügung.
Psychologische Betreuung:
Matthias Suter, Sozialarbeiter der Kirchgemeinde Nydegg steht Ihnen unter 031 / 332 20 40 oder 079 / 214 65 19 zur Verfügung.
Perspektiven:
Es ist derzeit äusserst schwierig eine Prognose zu stellen. Vor Ende Woche dürfte es kaum möglich sein, in die Matte zurückzukehren. Die neusten Informationen zur aktuellen Lage erhalten Sie über das Infotelefon.
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Fotos auf dieser Seite von Thomas Eberhard, Beatrix Nicolai, Marcel Scheuber, Christoph Aufenast, Sabine Michels Herrmann, Yara, Thomas Zimmermann und Jürg Breiholtz