Titellogo Matte-Zytig

Nr. 11 / März 1987


FRUEHLINGSERWACHEN

Wenn unser Leistpräsident Walter Bregenzer vor vier Wochen das gewusst hätte, was wir heute wissen, nämlich dass sie kommt, die Matte - Sperre, sein Jahresbericht wäre um einen langen, resignierten Abschnitt kürzer geworden. Wir haben' s geschafft, wir Mätteler, alle zusammen! Unser Mättu wird wieder bewohnbar, abgasfrei, lärmfrei, blechfrei! Halt, Halt! Vorerst doch nur versuchsweise Aber auch das ist eine Chance , heisst es nicht so nett auf welsch: "C'est le provisoire qui dure"?! Ich jedenfalls freue mich für alle, die wir da unten wohnen, arbeiten, zur Schule gehen, flanieren (ja, das gibt's dann wieder). Jetzt brauchts nur die Dynamik unserer Bernerbehörde und ein bisschen Sonne zum Glück

Y. Hausammann

JAHRESBERICHT 1986/87

Das Jahr 1986 wird als Katastrophenjahr in die Geschichte eingehen. Etwas weniger Schlagzeilen als Tschernobyl uns Sandoz wird unser Leist machen, wenn wir sein Wirken des vergangenen Jahres erstmals Revue passieren lassen wollen:
Leist-Veranstaltungen

Wie im Vorjahr ist auch in diesem Jahr das Platzkonzert der Stadtmusik vom 11 .Juni wiederum buchstäblich ins Wasser gefallen. Am 23. August ging das Läuferplatzfest über die Bühne, welches wir mit dem Leist der unteren Stadt in Szene setzten. Dieses zu Ehren des neu gestalteten Platzes gedachte Quartierfestchen wurde auch nicht gerade von Wetterglück verwöhnt: Das vorgesehene Zmorge fand in strömendem Regen (nicht ) statt. Gegen Mittag wagte sich die Sonne doch noch etwas hervor und liess den Festplatz sich mit sich mit Gästen füllen. Eine Idylle war dann der Abend mit einen mittelalterlichen Seiltänzer, weniger idyllisch dann allerdings das finanzielle Ergebnis, das für uns mit einen Defizit von Fr .500. - endete Aber trotzdem bleibt der Anlass in schöner Erinnerung und allen Mättelern, die in irgendeiner Weise mitgeholfen haben, sei auch an dieser Stelle noch einmal herzlich für ihr Mitmachen gedankt .

Am 4. Oktober konnte bei strahlendem Herbstwetter der Altersausflug mit 74 Teilnehmern durchgeführt werden.

Wer im Kemmeribodenbad in der fröhlichen Gesellschaft dabei sein durfte, wird diesen gelungenen Anlass nicht so schnell wieder vergessen. Erstmals hat die Fürsorgedirektion der Stadt Bern Fr . 1'1 00. - an diesen Anlass beigesteuert , was wir mit Freude zur Kenntnis nahmen und hier nochmals herzlich verdanken möchten.

Am 21 .Oktober fand im Restaurant Mühlenrad ein Informationsabend statt, an dem alle Themen, die unsere Mitglieder beschäftigen, zur Sprache kamen. Ein ausführlicher Bericht hiezu wurde in der Matte-Zytig vom November 1986 publiziert .Diese Informationsabende haben sich sehr gut eingelegt und sollten weitergepflegt werden können.

Die Adventsfeier vom 14. Dezember im Berchtoldshaus konnte von unserem Leist wieder mitgestaltet werden. Es stimmt ein wenig nachdenklich, wenn man feststellen muss, dass im fast gefüllten Saal nur ganz wenige Mätteler zu sehen waren.

Übrige Aktivitäten

Hauptsorge bildete auch im vergangenen Jahr das Bangen um die Zukunft des Durchchgangsverkehrs in der Matte . Da sich der definitive Entscheid des Bundesrates ungebührlich herauszögerte, versuchte am Chlousetag eine kleine Delegation des Matte-Leists Frau Bundesrätin Kopp mit der Überreichung einigen Samichlousegeschenken in dieser Frage zu einem baldigen Handeln zugunsten der Matte-Bewohner zu bewegen. Die Delegation wurde vom Generalsekretär des EJPD empfangen, welcher auch die Geschenke (ein grosses Lebkuchenherz, eine Pergamentbittschrift , Zeichnungen der Matte-Schüler und einen Besorgnis ausdrückenden Brief einer Bewohnerin) zuhanden der Departementschefin entgegennahm. Bei dieser Gelegenheit wurde der Entscheid des Bundesrates für den Februar 1987 in Aussicht gestellt ...

Durch diese Abwartsituation sind dem Leist auch die Hände gebunden für zusätzliche Aktivitäten. Dies hat allerdings einige (verständlicherweise) ungeduldigen Matte – Bewohner dazu bewogen, am Freitag, den 6. Dezember, und an den beiden folgenden Freitagen auf die Strasse zu gehen und den Automobilisten ein Flugblatt in die Hand zu drücken, mit welchem diese um Verständnis für unseren Wunsch nach der Verkehrssperre gebeten wurden.

Man kann sich des Eindrucks wirklich nicht erwehren, dass in unserem Rechtsstaat die Mühlen der Justiz nicht nur langsam mahlen, sondern hin und wieder vielleicht sogar stillstehen.

Etwas erfreulicher waren die Verhandlungen mit der Baudirektion der Stadt Bern über den Bau eines Fussgängersteges von der Turbinenanlage des EW-Matte über die Aare nach den Englischen Anlagen: Der Baudirektor hat das Tiefbauamt beauftragt, bis zum Herbst 87 ein Projekt zuhanden des Stadtrates auszuarbeiten. Gleichzeitig wurde im Stadtparlament ein entsprechender Vorstoss eingereicht und angenommen.

Der Flohmarkt, der vom Mai bis Oktober an jeden dritten Samstag auf den Mühlenplatz stattfindet, ist bereits ein wenig Tradition geworden. Da die Zahl der Besucher allerdings nicht alle Erwartungen der Händler erfüllt, haben diese bei der Stadt eine Verlegung auf den Münsterplatz beantragt .Ein Entscheid steht noch aus. Der Vorstand des Leists ist in dieser Sache begrüsst worden; er würde eine Verlegung aus der Matte bedauern.

Schliesslich bildet die immer noch geschlossene Münsterplattform für viele, die Erholung suchen, ein Ärgernis. Die vereinigten Altstadtleiste haben in einer Eingabe an den Gemeinderat die Wiedereröffnung der Plattform gefordert, dies allerdings unter der Bedingung, dass eine schöne Gestaltung vorgenommen und für die Sicherheit der Besucher gesorgt werde.

Die zweite Auflage des Amnesty-International-Fests vom 16. August brachte seinen Organisatoren wiederum einen überwältigenden Erfolg. Etwas weniger gross war der Erfolg bei einem Teil unserer Bevölkerung, der sich durch die Absperrung der Matte zu eingeengt fühlte. Die offene Aussprache über diese Fragen am Informationsabend zeigte aber doch, dass man dieser Art Anlässe eher positiv gegenübersteht und dass sich gewisse negative Auswirkungen durch entsprechende organisatorische Massnahmen in Zukunft vermeiden lassen können

Im danke allen, die sich in irgendeiner Form im vergangenen Jahr um das Wohl unseres Leists bemüht haben, sehr herzlich. Die in der Schweiz wohl allein dastehende Institution der Quartierleiste verdient es ganz besonders in der heutigen Zeit, wo sich jeder nur um sich selber, aber nicht mehr um die Gemeinschaft kümmern will, von allen Quartierbewohnern nicht nur mit dem  Jahresbeitrag, sondern auch durch persönliche Freizeitopfer unterstützt zu werden.

W. Bregenzer , Präsident

 


KENNEN SIE DEN SPIELPLATZ LAENGMUR?

Wo können den heute kleine Mattengiele und Modis überhaupt spielen, tschutten etc. fragt man sich, wenn das Auge überall die Blechkarossen streift, welche die Matte durcheilen oder sie als Parkraum benützen. Wussten Sie, dass es bei uns 7 mehr oder weniger Öffentliche Spielplätze gibt? Von Westen her: Garten der Krippe Badgasse, Hof des Kindergartens Fricktreppe, Spielplatz der Schwerhörigenschule am Bowäger, Turnplatz, Klettergeräte und Findling bei den Schulhäusern, Kleinkinderspielplatz hinter dem Durchgang Gerberngasse 22 und zuletzt den wohl bekanntesten und grössten: den Spielplatz Längmur! Davon soll heute die Rede sein.

Viele Passanten zwischen Münsterbauhütte und Altenbergsteg haben schon den Kopf geschüttelt ab der "Unordnung", den "gefährlichen Spielgeräten" und wild darin herumtobenden Kindern im sogenannten Spielplatz "Längmur". Doch lassen wir die Verantwortlichen dieses Kinder - Eldorados selbst zu Wort kommen:

Die Idee

Der Verein Spielplatz Längmur setzt sich für eine kinderfreundliche Umwelt ein, indem er versucht, die Spielmöglichkeiten für Kinder jeden Alters zu verbessern. Er betreibt einen Spielplatz und vertritt die Interessen der Kinder in der Öffentlichkeit. Spielen ist für das Kind sehr wichtig. Es lernt dabei seine Fähigkeiten kennen, sich mit anderen auseinander zusetzen, seine Fantasie zu entwickeln. Im Spiel kann es auch Erlebnisse verarbeiten. In der für Erwachsene geplanten Stadt finden die Kinder kaum Möglichkeiten, spielerisch etwas zu verändern, oder selber etwas zu gestalten. Der Spielplatz Längmur soll ein Ort sein, an dem die Kinder eine Spielwelt aufbauen können.

Der Spielplatz

Die Kinder sollen hier einen optimalen Freiraum zur Realisierung ihrer eigenen Ideen haben. Dafür muss genügend vielfältig verwend- und veränderbares Material zur Verfügung stehen. Bauspielplatz, Hartplatz und Spielwiese gehören dazu. Die Kinder haben die Möglichkeit, vorwiegend in Gruppen zu spielen. Zwanglos erleben sie, dass mehrere zusammen viel leichter eine Hütte bauen, als einer allein. Die Eltern sollen sich auf dem Platz treffen können um zu plaudern oder mit den Kinder zu spielen. Der Spielplatz Längmur ist in erster Linie für die angrenzenden Quartiere wie Matte etc. gedacht.

Die Betreuer

Eine regelmässige Bezugsperson ist für die Kinder eines Spielplatzes sehr wichtig. Sie erleichtert den Betrieb, vermindert Aggressionen, hilft den Kindern ihren eigenen Stand in der Gruppe zu finden. Die Betreuer helfen die Ideen zu verwirklichen und versuchen, mit ihnen zusammen Lösungen bei Konflikten zu finden. Wichtig ist auch die Arbeit mit schwierigen Kindern. Und sie sorgen dafür, dass auch Eltern auf dem Platz willkommen sind.

Elternarbeit

Die Elternarbeit ist ein grosses Anliegen, denn der Spielplatz soll nicht zu einem Kinderhütedienst werden. Vielmehr sollen sich die Eltern durch ihre Mithilfe mit der Spielplatzsituation auseinandersetzen. Den Eltern soll die Verantwortung für ihre Kinder nicht abgenommen werden, sondern sie sollen unterstützt werden, selber mehr für eine kinderfreundliche Umgebung zu tun.

Der Steckbrief mit allem Wichtigen:

Öffnungszeiten:
Sommerbetrieb von April - Oktober, betreut von Dienstag - Samstag, 14.00 -18.00 Uhr.
Winterbetrieb von November - März, betreut Dienstag - Freitag, 14.00 17.00 Uhr.

Entstehung und Entwicklung

im Jahr 1973 wurde der Spielplatz Längmur von einer Elterngruppe gegründet, 1975 konnte ein Betreuer angestellt werden, und 1980 konnte die geräumige Baracke eingeweiht werden. Damit ist auch bei Regenwetter ein regelmässiger Spielbetrieb möglich. Durch die Isolation der Baracke im Herbst 1981 wurde erstmals ein Winterbetrieb ermöglicht.

Rechtliche Form

Der Spielplatz Längmur wird von einem Elternverein (über 100 Mitglieder inkl. Matte-Leist) betrieben. Er wird von der Fürsorgedirektion, der städt. Schuldirektion, Pro Juventute, Stadtgärtnerei, ev. ref. Gesamtkirche und der Kirchgemeinde Nydegg unterstützt.

Konzept

Auf dem Bau- und Aktivspielplatz haben die Kinder die Möglichkeit, ihre eigenen Ideen zu verwirklichen. Dazu befinden sich vielfältig verwendbare Materialien wie Holz, Fässer, Seile, Papier, Farben, Sand, Wasser usw. auf dem Platz. Dabei entwickelt sich die Fantasie und die Kinder lernen im gemeinsamen Spiel ihre eigenen Grenzen kennen und miteinander umzugehen.

Aktivitäten

Spielnachmittage: Trottoir Parcours, Hüttenbau, Seifenblasenfest, Gespenstertreffen usw. Kinderfeste und Familientreffen: Chilbi, Laternenumzug, Spielfest, Familienzmorge, Fasnacht usw. Sommerspielwochen: Robinsoninsel, Theaterwoche, Schatzsuche, Zirkus, Indianer usw.
im Winter: Guetzlibache, Maskenbasteln, Spaghetti - Essen, Tauschmärit etc.

Sind Sie, liebe Mattezytig Leser gluschtig geworden? Schauen Sie doch an einem der nächsten Nachmittage auf dem Längmurspielplatz herein. Die Betreuer, Yvonne Bart und Thomas Kramer freuen sich auf Ihren Besuch. Liebe Eltern und Grosseltern in der Matte hat nicht Ihr Bub, Ihr Meitschi schon lange gestürmt, "wenn darf i uf e Längmur, chunsch einisch mit?"

Bald ist Frühling, erfüllen Sie ihm doch diesen Wunsch! ,

Kaspar Woker

 

VERANSTALTUNGSKALENDER

Samstag, 14. März 87, 10.30 h
Führung durch die Abgusssammlung, Burgtreppe 10

Nach dem Apollo nun die Aphrodite! weitere Führungen jeweils am Samstag, 25.April / 16. Mai / 13. Juni um 10.30 Uhr

Donnerstag, 19. März 87 14.30
Altersnachmittag in der Gemeindestube Berchtoldhaus "Geschichte und Gegenwart der Mennoniten im Jura "Gesprächsnachmittag mit, Pfr. Jürg Zürcher

Mittwoch, 25. März 87 20.00h
Hauptversammlung des Matte - Leist in der Tanzdiele. Anschliessend Bilder und Vortrag von Hans Marbot "Wasserwerkgasse 25 Geschichte eines Hauses"

Mittwoch, 1. April 87 12.00 h
Gemeinsamer Mittagstisch in der Gemeindestube des Berchtoldhauses.

Nächste Daten: 6. Mai, 3. Juni, An- und Abmeldung Tel.42'31'71 Frau Wehren

Samstag, 16. Mai 87 10.30 h
Die Venus von Milo in der Matte zu besichtigen!! Abgusssammlung Burgtreppe 10

Donnerstag, 21. Mai 87 14.30 h
Altersnachmittag im Grossen Saal des Berchtoldhauses "Eine unglaubliche Geschichte" Theater mit Erwachsenen und Kindern

Donnerstag, 18. Juni 1987
Altersnachmittag: Ausflug in den Jura!

Der Veranstaltungskalender auf der letzten Seite informiert über alle in der Matte stattfindenden oder von Mattevereinen organisierten Anlässe. Auch Ihre Angaben sind wichtig!

Für die nächste Matte-Zytig nehme ich bis am 30. Mai gerne entgegen:

- Angaben zu Anlässen, die Sie veranstalten
- Beiträge, Kommentar, Kritiken betreffend unseren Textteil

Ausserdem könne Sie bei uns günstig inserieren:

Inserat 1/8 Seite 63 mm x 40 mm Fr. 10.-
1/4 Seite 63 mm x 80 mm Fr. 20.-
1/2 Seite 130 mm x 80 mm Fr. 40.-
1/8 Seite 63 mm x 40 mm Fr. 10.-

Wir suchen Lieder, Verse, Anekdoten, Witze aus der Matte. Wenn Ihnen dazu etwas einfällt, schreiben Sie, oder rufen Sie an!

Y. Hausammann
Gerberngasse 23
Postfach 96
3000 Bern 13
Tel 22 85 95 Büro oder 52 71 83 Privat

 

Druck: Peter Gaffuri, Repro Atelier Zytglogge, Bern
Nr. 11 / März 1987